Am 15.04.21 kippte das Bundesverfassungsgericht den Berliner Mietendeckel, der seit 2020 galt und vorläufigen Bestand bis 2025 haben sollte. Das BVG sprach dem Land Berlin die Gesetzgebungskompetenz für ein Rechtsgebiet ab, das schon durch Bundesgesetz abschließend geregelt ist (BVG, 15.04.2021, Beschlüsse 2 BvF 1/20 – 2 BvL 4/20 – 2 BvL 5/20). Die Folgen der BVG-Beschlüsse sind umfassend.
Wie funktionierte der Berliner Mietendeckel?
Der Mietendeckel fror die Mieten für alle Bestandsbauten mit Baujahr bis 2013 für fünf Jahre ein. Davon waren rund 1,5 Millionen Mietwohnungen in der Hauptstadt betroffen. Es durfte fortan nur noch die maximale Stichtagsmiete verlangt werden. Die Regelung galt auch für Staffel- und Indexmietverträge. Ab dem 22.11.2020 mussten dann alle Mieten der betreffenden Wohnungen auf maximal 20 % über der Mietobergrenze abgesenkt werden, wenn sie schon über dieser lagen. Ab 2022 hätten die Vermieter die Mieten wieder pro Jahr um 1,3 %, jedoch maximal bis zur Obergrenze anheben können. Nach einer Modernisierung durften die Mieten höchstens 1,0 €/m² teurer werden. Schon ab dem 22.02.2020 galten die Mietobergrenzen für Neuvermietungen.
Folgen der BVG-Beschlüsse für Mieter und Vermieter
Vermieter können ab sofort einen Anspruch auf Mietrückzahlung geltend machen. Sie dürfen auch wieder die alten Mieten verlangen, die nach Inkrafttreten des Mietendeckels teilweise erheblich gesenkt worden waren. Die meisten Vermieter hatten ihren Mietern schon im Jahr 2020 geraten, das gesparte Geld beiseitezulegen. Dem kamen nicht alle Mieter nach, wie gegenwärtig (Ende April 2021) aus den Medien zu vernehmen ist. Der Berliner Senat will seine Mieter unterstützen, was teuer werden dürfte: Die großen Vermieter gaben inzwischen erste Schätzungen zu den entgangenen Mieten heraus, die nun zu Nachforderungen führen können, von denen rund 40.000 Berliner Haushalte betroffen sein dürften. Vonovia beziffert die Summe nur für den eigenen Konzern auf rund 10 Millionen Euro. Es gibt noch weitaus mehr Vermieter, die allerdings nicht alle die Nachzahlungen einfordern werden (unter anderem Vonovia nicht). Etliche Mieter müssen aber damit rechnen.
Folgen für die Berliner Hausverwaltungen
Die Folgen für die Berliner Hausverwaltungen sind hohe, konfliktträchtige Aufwände, weil sie die Mietnachzahlungen steuern müssen. Diejenigen Eigentümer, die auf Nachzahlungen bestehen, bieten in der Regel Ratenzahlungen an. Die Verwalter müssen die Mieter darüber informieren, wahrscheinlich fallweise die Raten aushandeln, nötigenfalls Belege für die Zahlungsfähigkeit bzw. das Einkommen der Mieter verlangen und die Nachzahlungen über Jahre kontrollieren. Die Mieter könnten sich dagegen heftig wehren, zumal der Berliner Senat schon wieder nach neuen juristischen Wegen sucht, um seine Mieter doch wieder zu entlasten. Daher könnten etliche Mieter auf die Idee kommen, die Nachzahlungen zu verschleppen – in der Hoffnung, dass sie vielleicht in einem Jahr wieder für ungültig erklärt werden. Die Verwalter müssen daher vermutlich in vielen Fällen intensiv mahnen.
Folgen für Immobilienmakler
Die Immobilienbranche hatte den Mietendeckel von Anfang kritisiert – vollkommen zu Recht, wie auch unabhängige Beobachter bestätigten. Er hemmte massiv die Investitionstätigkeit, während das Land Berlin seine selbst gesteckten Ziele zum sozialen Wohnungsbau nicht erreichte. Bis zum Frühjahr 2021 wollte es 30.000 Wohnungen bauen lassen, es wurden nur rund 23.000. Private Immobilienentwickler beklagten gleichzeitig besonders den Umstand, dass es in Berlin ja eigentlich genug Bauland gibt (im Vergleich mit anderen europäischen Metropolen wie Paris, London, Madrid oder Rom), jedoch seit Inkrafttreten des Mietendeckels kaum noch darauf gebaut wurde. Die Kalkulation mit den niedrigeren Mieten ließ fast nirgendwo mehr gewinnbringende Kalkulationen zu. Die Immobilienmakler sahen sich wiederum mit massiven Anfragen nach dem günstigeren Wohnraum konfrontiert, die einen erheblichen Mehraufwand bedeuteten, aber gleichzeitig weniger Provision einbrachten – denn diese orientiert sich an der Nettokaltmiete. Im gesamten Immobiliensektor entspannt sich nun nach den BVG-Beschlüssen die Lage.
Veränderung des Wohnungsangebots
Schon nach dem Beschluss des Berliner Senats zum Mietendeckel im Jahr 2019 wurden in Berlin weniger Wohnungen zur Miete angeboten, weil die privaten Vermieter angesichts sinkender und künftig gedeckelter Mieten den Aufwand scheuten. Er lohnte sich einfach kaum noch. Dieser Trend hielt bis in den April 2021 an. Nach Bekanntwerden der BVG-Beschlüsse zum Mietendeckel in Berlin zog das Angebot wieder an, während die Nachfrage leicht nachlässt. Die Mieten steigen nun wieder, der gewaltige Run auf den günstigen Wohnraum ebbt etwas ab. Das könnte sich aber wieder ändern, denn nach Ansicht und Intention der Linken im Berliner Senat soll das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Sie tüfteln bereits an neuen Ideen für gedeckelte Mieten.